Modul D

Erforschen, Bewahren, Weitergeben

Modulverantwortlicher: Prof. Dr. Hans Wißkirchen, Lübeck

In diesem Modul geht es um die Tätigkeitsfelder, Methoden und Qualifikationen, um für heutige und künftige Zwecke das, was man in der und an der historischen Stadt hat, was man über sie weiß, zu pflegen, auszubauen und zu vermitteln. Hierfür wird mit Lübeck eine Art Gesamtbeispiel ausgearbeitet, wobei deutlich wird, wie sehr sich die Materien gegenseitig ergänzen, aufeinander verweisen und sich wechselweise bedingen – ein Vorgehen also, das in seiner Komplexität dem Versuch, aus der Heterogenität der Einzelfälle heraus das Phänomen historische Stadt allgemein zu umschreiben, durchaus ähnlich ist. Lübeck hat, was die Historie betrifft, auch heute noch viel zu bieten, wobei der Gegenstandsbereich durch die Zusammenarbeit mit der Kulturstiftung gleichsam von innen her erschließbar ist – ein nicht zu unterschätzender Vorteil dadurch, dass die wissenschaftliche Kompetenz der Lübecker Museen, der Bibliothek, des Archivs, der Archäologie und Denkmalpflege sowie der Stadtplanung direkt für das Modul zur Verfügung steht.  Beispiel Stadtarchiv: Unter verschiedenen Namen wurden die Lübecker Oberstadtbücher von 1284 an, bis zum Beginn der Grundbücher im 20. Jahrhundert, fast ununterbrochen geführt – eine einzigartige Quelle über die Entwicklung einer Stadt. Um an der Forschung darüber partizipieren zu können, sind Grundkenntnisse in Archiv- und Aktenkunde und in den historischen Hilfswissenschaften, flankiert von Übungen zum Erlernen des Lesens älteren Schriftguts, erforderlich. In welchen Verwaltungs- und Lebensbereichen fielen Quellen im Zuge der komplexen Vorgänge der Stadtentwicklung an, die heute für eine (Re-)Konstruktion genutzt werden können? Vorgestellt werden Quellen zur räumlichen Expansion der Stadt (einschl. Befestigungsanlagen), zum inneren Bau- und Raumgefüge, zu den Eigentümern und Bewohnern und zu den Wohnverhältnissen (Bevölkerungsgeschichte) sowie zum Baurecht und zu Besitz- und Eigentumsrechten. Bei den Themen Stadtarchäologie und Baudenkmalpflege Lübecks sind ehemals verantwortlich Tätige als Autoren tätig. Welche Bedeutung hat ein wissenschaftlicher Befund in einem mittelalterlichen Haus oder bei einer archäologischen Grabung? Wie stellt sich der Bauherr dazu, der das Haus bzw. Objekt in der Gegenwart nutzen will? Als das Thema Denkmalpflege ab Anfang der 70er Jahre ganz oben auf die politische Agenda gelangte, war Lübeck eines der Brennpunkte öffentlicher Diskussionen; 1987 wurden die erhaltenen Teile des mittelalterlichen Stadtkerns von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Auch die kulturellen Institutionen in einer historischen Stadt arbeiten im Sinne der Trias „Erforschen, Bewahren, Weitergeben“, wobei z. B. die Lübecker Museen fast ausnahmslos in denkmalgeschützten Häusern lokalisiert sind – eine Chance und (bei baulichen Veränderungen) Last zugleich. Auch das Marketing der historischen Stadt steht immer in einem Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Moderne. Soll die historische Stadt sich der Gegenwart anschließen, den Ballast der Geschichte abwerfen und sich mit Gegenwartsthemen und aktuellen Formen vermarkten? Oder soll das Image der Stadt ganz eng aus der Geschichte heraus entwickelt werden, eben das historische Alleinstellungsmerkmal zentrales Element des Branding sein? Letztlich geht es um eine nachhaltige Tourismusentwicklung, eine Balance zwischen der touristischen Inwertsetzung und einer Förderung der historischen und kulturellen Identität der Städte und ihrer Bewohner.

Handlungsbuch Wittenborg
Handlungsbuch des Lübecker Kaufmanns und Bürgermeisters Johan Wittenborg (1363 hingerichtet). Die Seite zeigte erledigte und daher gestrichene Kreditgeschäfte Wittenborgs. Foto: Stadtarchiv Lübeck
Füchtingshof Lübeck
Vorsteherzimmer Füchtingshof, Lübeck Foto: Ulrich Bayer
Goldemailglas
Überregionale Kontakte: Goldemailglas aus Syrien oder Ägypten, um 1275 Foto: Stadtarchäologie Lübeck
Oberstadtbuch Hansestadt Lübeck
Oberstadtbuch der Hansestadt Lübeck von 1455 mit Verordnung des Rates, dass das Oberstadtbuch künftig in dudescher Sprache, und nicht mehr lateinisch geführt werden soll. Foto: Stadtarchiv Lübeck
Mit freundlicher Unterstützung von Nikitin-EDV Beratung